Ist der Geldmarkt tot oder nur scheintot?

Wie die Nachrichten der letzten Wochen immer wieder gezeigt haben, ist der Geldmarkt für alle Fristen mehr oder weniger tot, und wird zur Zeit durch die Zentralbanken ersetzt. Ebenfalls altbekannt ist die Ursache, das fehlende Vertrauen zwischen den Banken. Da Vertrauen aber etwas ist, was nicht so schnell wiederkommt, wenn es erst einmal fehlt, muss man sich vielleicht fragen, ob die Zentralbank nicht zumindest kurz- bis mittelfristig hier die Rolle eines Market Maker übernehmen muss.

Diesem Gedanken folgend, hat die Fed die Commercial Paper Funding Facility (CPFF) geschaffen, die damit beauftragt ist, Commercial Paper aufzukaufen, wobei für nicht-Assed Backed CP entweder Gebühren zu zahlen sind, oder andere Sicherheiten zu hinterlegen. Bisher ist kein Limit für das Gesamtvolumen genannt worden, aber die Emittenten können bis zu dem Betrag verkaufen, der ihrem durchschnittlichen Volumen vom August 2008 entspricht. Als Emittenten kommen US-Institute und amerikanische Töchter ausländischer Institute in Betracht, der Zins soll 1% über dem OIS liegen, und die Laufzeit beträgt 3 Monate. Zunächst ist das Programm bis zum 30. April 2009 befristet, kann aber verlängert werden.

Die Bedingungen des Programms sind hier aufgelistet.

Bleibt abzuwarten, ob es in Europa etwas ähnliches geben wird, und ob damit der Geldmarkt wieder zum Leben erweckt werden kann.

Wir sind jetzt alle Brasilianer,…

sagt Paul Krugman in seinem Artikel „The International Finance Multiplier“, in dem er ein erstes einfaches Modell eines Multiplikatoreffekts der Finanzwirtschaft entwickelt, aufbauend auf dem Multiplikatoreffekt des Außenhandels. Dieser Finanzmultiplikator bietet eine anschauliche Erklärung für den hohen Ansteckungsgrad der Finanzkrise, und erlaubt nach Krugman zwei Schlüsse bezüglich der Schritte zur Lösung der Krise:

  1. Der Schlüssel zur Auflösung des Teufelskreis besteht in einer Rekapitalisierung der Banken.
  2. Internationale Koordinierung vereinfacht die Lösung, da Kapitalzuschüsse in den USA die Situation in Europa entschärfen und umgekehrt.

Aktienmärkte überbewertet?

Ein Analyst der Deutschen Bank vertritt die Meinung, dass die Aktienmärkte die Krise am Geldmarkt noch nicht eingepreist haben – seiner Meinung nach müssten die Märkte mindestens 20% nachgeben, um die Situation realistisch abzubilden.

Licht am Ende des Tunnels?

Auch wenn die deutschen Aktien heute viel schwächer sind – kein Wunder, wenn HRE mal wieder gerettet werden muss, und Commerzbank die Risiken von Dresdner neu bewertet – so gibt es auch ein paar Nachrichten, die zumindest Unsicherheit aus dem Markt nehmen sollte:

  • Finanzministerium plant Lösung für das Bankensystem
  • Deutsche Staatsgarantie für alle Privateinlagen
  • Auktionstermine für Fannie Mae, Freddie Mac (heute) und Lehman Brothers (Freitag)
  • England plant eine Rekapitalisierung

Insbesondere die Auktionen für die GSE und Lehman sollten für eine Marktbereinigung sorgen, weil zur Zeit viele Banken, die Unterzeichner für CDS waren, im Vorlauf zum Settlement Bargeld horten, und sich auch nicht sicher sind, welche Risiken bei den anderen Banken versteckt sind. Sollten diese Unsicherheiten aus dem Markt sein, und im Laufe der Abwicklung keine weitere Bank zugrunde gehen, könnten sich die Kapitalmärkte etwas erholen.

Die Märkte zeigen aber auch, dass der Schwerpunkt der Krise jetzt in Europa liegt – während die Spreads für amerikanische Anleihen schrumpfen, steigen sie für europäische weiter an.

Eine Frage, die sich mir stellt ist jedoch, ob das Rettungspaket für HRE so richtig ist: Das Ziel des Pakets ist ja vor allem, das Finanzsystem zu stabilisieren. Wenn jetzt jedoch die Banken hier zusätzliche fragwürdige Forderungen auf sich nehmen, erhöht sich das Risiko innerhalb des Bankensystems wieder. Andererseits zeigt dies auch, dass die Banken weiterhin – wenn auch gezwungenermaßen – willens und in der Lage sind, anderen Banken zu helfen.

Quellen:

http://ftalphaville.ft.com/

http://www.faz.net

HRE-Rettung erst einmal gescheitert

Neulich habe ich über Krisenkommunikation geschrieben – scheint so, als würde HRE selbst in Existenznot nicht in der Lage sein, mit offenen Karten zu spielen – wurde doch bisher von „nur“ 35 Mrd. € Finanzbedarf bis Ende 2009 gesprochen. Jetzt hat die Deutsche Bank anscheinend das Offensichtliche gemacht, und im letzten Quartalsbericht nachgeschaut – wie dies auch Jens-Martin Feddersen getan hat – und festgestellt, dass allein bis Ende 2008 43 Mrd. € fällig werden. Konsequenterweise haben die Privatbanken ihr Hilfsangebot zurückgezogen.

Damit gibt es in Deutschland eine Bank, die von den Verbindlichkeiten her so gross ist wie Lehman Brothers, und nach den Erfahrungen der letzten zwei Wochen ist wohl der politische Wille, eine weitere Bank dieser Größe pleitegehen zu lassen etwas geringer geworden.

Mittlerweile betonen Deutsche Bank und Commerzbank, dass sie ausreichend Liquidität haben. Die Frage ist, ob dies wirklich beruhigend ist, denn mangelnde Liquidität war dank EZB bisher schon nicht das Problem – und in Bezug auf das Eigenkapital gab es keine beruhigenden Nachrichten.

Wie der nächste Schritt aussehen wird, steht noch in den Sternen, aber in Bezug auf den übernächsten Schritt – Anpassung der Regularien – gibt es bei der FTD einen Vorschlag, der die Bankmanager in die persönliche Haftung nehmen will. Die Überschrift: „Harz IV für blöde Banker“.