Schnellschuss: Frankfurter Professoren schlagen Finanzmarktregeln vor

Gerade bei Alea gefunden: Franke und Krahnen von der Uni Frankfurt haben ein Paper geschrieben, das untersucht, welche Zukunft Verbriefungen haben können. In der Analyse der Ursachen für die fehlende Liquidität der Wertpapiermärkte sowie des Interbanken-Geldmarkts führen sie auf Designfehler in der Anreizstruktur der Wertschöpfungskette zurück, nicht auf grundlegende Fehler im Design der Verbriefungen. Daher sehen sie auch keinen Grund für schwerwiegende regulatorische Eingriffe, und machen die folgenden Vorschläge:

  • Der Originator soll einen Anteil an der Verbriefung im Bestand behalten, wobei veröffentlicht werden muss, welche Qualität dieser Anteil haben muss.
  • Die Vergütung der Manager muss darauf ausgelegt werden, langfristige Ziele zu verfolgen, wobei Verhalten, das das System destabilisieren kann, bestraft werden soll.
  • Erhöhte Transparenz zum effektiven Risikoübertrag, Vergütungen, die sich am eingegangenen Risiko orientieren und eine vertrauenswürdige Messung der Rating-Performance erlauben eine bessere Bewertung der Wertpapiere und stärken damit die Kapitalbasis der Gegenparteien.
  • Intermediäre, die aufgrund des Geschäftsmodells ihr Risiko nicht transparent machen können, müssen höhere Eigenkapitalauflagen bekommen.

Ich habe bisher nur die Zusammenfassung gelesen, und werde noch einmal ein umfangreichere Zusammenfassung schreiben.

Krugmans weniger bekanntes Werk

Paul Krugman wurde gestern für seinen Beitrag zur Außenhandelstheorie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, und er war auch Begründer der Theorie der Währungskrisen. Weniger bekannt dürfte allerding sein, dass Krugman bereits 1978 eine Theorie des interestellaren Handels aufgestellt hat – wird Zeit, dass dies von Star Trek entsprechend gewürdigt wird.

Taleb gegen VaR

In diesem Interview prügelt Taleb, Autor von Black Swan, auf die Risikomodelle der Banken, insbesondere Value at Risk ein:

Eine ähnliche Richtung schlägt dieser Artikel im Wall Street Journal ein: „Unsere Modelle waren darauf ausgelegt, nur in 99% der Fälle zu funktionieren.“

Das deutsche Rettungspaket

Okay, hier kurz zusammengefasst die Details des deutschen Rettungspakets:

  1. Das Gesamtvolumen beträgt 480 Mrd. €
  2. Davon sind 400 Mrd. € Garantien zur Absicherung der Refinanzierung von Banken mit einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten (nur Senior-Instrumente wie Inhaberschuldverschreibungen und Commercial Paper). Die erwartete Ausfallquote beträgt 5%, für die Risikovorsorge getroffen wird. Bei Inanspruchnahme müssen die Banken angemessene Preise für die Absicherung zahlen (mind. 2% nach Gesetzesbegründung).
  3. Der Bund stellt 70 Mrd. € zur Refinanzierung von Geschäftsbanken bereit, wobei je nach Rechtsform die entsprechenden Instrumente (stimmrechtslose) Vorzugsaktien, Aktien oder Hybridkapital wie Genusscheine verwendet werden. Zu diesem Zweck können Banken ihr Grundkapital um bis zu 50% erhöhen.
  4. Die Umsetzung erfolgt durch einen Stabilisierungsfonds, der als Sondervermögen des Bundes durch die Bundesbank verwaltet wird. Der Fonds kann sich durch Ausgabe von Schuldverschreibungen bis 100 Mrd. € finanzieren (70 Mrd. Rekapitalisierung, 10 Mrd. Reserve, 20 Mrd. Risikovorsorge).
  5. Wenn notwendig, kann der Fonds „Problem-Aktiva“ aufkaufen (wenn alles andere versagt).
  6. Die Laufzeit des Programms ist bis zum 31.12.2009 begrenzt.
  7. Die Bundesbank soll Geldmarktfonds sichern.
  8. Die fiskalischen Risiken sollen von Bund und Ländern im Verhältnis 65:35 getragen werden.

Noch ein paar Details aus Steinbrücks Pressekonferenz:

Banken, die Leistungen in Anspruch nehmen, müssen auch Gegenleistungen in der Unternehmenspolitik leisten, u. a. sollen die Banken die Kreditversorgung des Mittelstands sicherstellen, Managerboni eingeschränkt werden, und die Banken sollen keine Dividenden auszahlen.

Als wichtigen Punkt nennt Steinbrück die Anpassung der Bilanzierungsregeln: Es soll eine flexiblere Einordnung in Handelsbuch (Mark-to Market) oder Bankbuch (Anschaffungskosten) ermöglicht werden sowie die Bewertung nach Barwert der Aktiva.

Update: Hier gibt es den Gesetzesentwurf. Übrigens wird die Insolvenzordnung geändert. Demnach führt eine Überschuldung nicht mehr zwingend zur Insolvenz, sondern nur dann, wenn eine erfolgreiche Fortführung der Geschäfte überwiegend nicht wahrscheinlich ist.

Update 2: weissgarnix hat ein Schaubild der geplanten Maßnahmen, und die Länderfürsten exerzieren wohl gerade durch, was schon so unglaublich gut im US-Kongress funktioniert hat.

Zentralbank-Liquiditätsprogramme behindern den Interbankenmarkt

Wie an anderer Stelle beschrieben, ist der Geldmarkt zusammengebrochen, und die Zentralbanken haben die Liquiditätsversorgung, die dieser Markt bisher für die Banken vorgenommen hat, übernommen. Wie von James Bianco beschrieben, stellt jetzt diese Zentralbank-Geldversorgung aber eine beträchtliche Hürde für Banken dar, wieder am Geldmarkt teilzunehmen, da sie sich günstiger bei der Zentralbank refinanzieren können, und mit den neuen Liquiditätsprogrammen auch mit immer längerer Laufzeit. In der Folge ist der Libor kein Indikator für tatsächliche Marktzinsen mehr, sondern ein taxierter Kurs. Dies hat aber beträchtliche Folgen für die Finanzwirtschaft – und auch die Realwirtschaft, weil viele Kredite mit variablen Zinsen sich auf den Libor als Referenzzins berufen.

Ich denke, dieses Problem wird mindestens so lange bestehen bleiben, wie die Zinssätze dieser Liquiditätsprogramme nur  unwesentlich – jedenfalls im Vergleich zu den Risikoprämien, die Banken untereinander einfordern würden – oberhalb des Referenzzinses liegen. Andererseits würde es aus makroökonomischer Sicht verheerend sein, jetzt die Zinssätze, zu denen sich Banken refinanzieren können, und damit die Zinssätze, die Unternehmen, wenn sie denn Kredit bekommen, bezahlen müssten. Somit stellt sich verstärkt die Frage, ob sich nicht ein Interim-System der Liquiditätsversorgung entwickelt hat, bei der die Zentralbanken als Lender of first resort dienen, und ob dies über die kurze Frist hinaus wünschenswert ist.

Eine Möglichkeit, dieses Interim-System wieder in einen Geldmarkt umzuwandeln, der von den Geschäftsbanken bestimmt wird, würde darin liegen, ein Clearinghouse einzurichten, so dass die Banken sich keine Sorgen über die Solvenz der Kreditnehmer machen müssten, sondern nur über die Solvenz des Clearinghouse, welches dann sinnovllerweise mit einer Staatsgarantie versehen würde, so lautete zumindest eine der Ideen, die gestern beim G7-Gipfel auftauchte.