Bernanke steigt in den Hubschrauber

Zur Erinnerung: Was ist eine Liquiditätsfalle? Eine Liquiditätsfalle entsteht dann, wenn die Zentralbank die Zinsen auf Null senkt, und die Banken dennoch keine Kredite vergeben. Um sich die Folgen anzusehen, muss man nur die Entwicklung Japans seit 1990 betrachten.

Nach FT Alphaville sind die USA jetzt „offiziell“ in der Liquiditätsfalle: Seit heute werden Überschussreserven der Banken nicht mehr mit einem Abschlag verzinst, sondern zur normalen Target Rate – womit sich der Interbankenmarkt noch weiter abschwächen wird. FT Alphaville sieht dies als ersten Schritt dazu, dass die Zentralbank dazu übergehen wird, die wachsende Staatsverschuldung der USA direkt zu monetarisieren. Was bedeutet dies: Bisher war die Regierung gezwungen, neue T-Bills am Markt zu verkaufen, d. h. die Geldmenge blieb stabil. Jetzt verkauft sie die T-Bills an die Zentralbank, also wächst die Geldmenge mit der steigenden Staatsverschuldung. Zur Zeit ist dass noch kein Problem, weil ja gerade der Einbruch des Interbanken-Geldmarktes deflationär wirkt.

Mehr Hintergrundinformationen gibt es bei Brad DeLong und Paul Krugman.

Und was hat das mit einem Hubschrauber zu tun? Bernanke hat in eine Rede auf das Gedankenexperiment verwiesen, dass im Falle einer Deflation die Zentralbank zur Not Bargeld aus Hubschraubern werfen könnte, um Geld unter das Volk zu bringen.

Links 03.11.

Euromoney über die Probleme, die sich für Hedgefonds daraus ergeben, dass ihre Wertpapiere bei Lehman Brothers eingefroren sind.

The Epicurian Dealmaker erzählt, warum die Zeit der Boni für Investmentbanker wohl endgültig vorbei ist.

Aktuelles zum Problem der Letter of Credit

Naked Capitalism hat heute zwei Artikel, die sich mit dem Problem beschäftigen, dass Banken untereinander kaum noch Letters of Credit akzeptieren, und den damit verbundenen Problemen für den Außenhandel.

Confirmation of the Role of Financing Difficulties in Collapsing Trade Volumes

More on Trade Woes: „Firefighters better scramble to save letters of credit“

Links 27.10.08

Mish Shedlock – Im Endeffekt ein Bericht über die ungewollten Konsequenzen der amerikanischen Krisenpolitik – z. B., dass die Fed durch ihre Refinanzierungspolitik den Wettbewerb am Geldmarkt zerstört, anstatt den Markt zu stützen, und weshalb die Rekapitalisierung der Banken nicht zu mehr Krediten, sondern zu mehr Bankenfusionen führt (weil die Banken sonst die Dividende der Vorzugsaktien des Staates nicht erzielen können).

US-GDP in Echtzeit: Ein Indikator für die ökonomische Aktivität in den USA, der wöchentlich aktualisiert wird. Demnach ist die USA seit Ende Mai in einer Rezession, und erreicht langsam die vergleichbaren Tiefpunkte der Rezessionen von 1990/1 und 2001. Allerdings dürfte diese Rezession sowohl einen tieferen Wendepunkt haben, als auch länger andauern.

Porsche treibt VW-Leerverkäufer in die Ecke: Ein Lehrbeispiel für gekonnte und schlechte Spekulation.

Gefunden bei tagesspiegel.de

Fasten your seatbelts

Wenn man akzeptiert, dass die Transportbranche ein Frühindikator für die Konjunktur ist, dann dürften wir eine harte Landung erleben: Nach Bloomberg ist der Auftragseingang bei Volvo Trucks im vergangenen Quartal von 41.970 Stück im Vorjahresquartal auf 115 Stück zurückgegangen. In Worten: Einhundertfünfzehn! (Dank an immobilienblasen)

Eben lese ich bei SPON, dass Mercedes die Produktion für 5 Wochen einstellt, und bei den anderen Herstellern in Europa sieht es nicht viel besser aus.

Zusammen mit dem Rückgang des Baltic Dry Index von 8.500 vor drei Monaten auf gut 1.100 aktuell, zeichnet dies ein düsteres Bild für die aktuelle Wirtschaftsaktivität.

Meiner Meinung nach zeigen die Daten der letzten Woche bereits die Auswirkungen des Abbaus des Eigenkapitalhebels bei den Banken – die Bilanzsummen schmelzen zusammen, und davon ist eben nicht nur der Finanzsektor selbst betroffen, sondern auch die Realwirtschaft. Im Endergebnis steht die Politik vor zwei unattraktiven Alternativen: Nichts-tun, und die Realwirtschaft leidet unter den deflationären Ergebnissen, oder durch Staatsausgaben und Schaffung von frischem Geld den deflatinären Tendenzen entgegenwirken, mit den negativen Folgen für Staatsverschuldung, langfristige Inflation und falschen Anreizen für die Wirtschaft.

Mein Eindruck ist, dass die Finanzmärkte sich auf einem sehr wackeligen Niveau langsam stabilisieren, wie ein schneller Blick auf das Fieberthermometer zeigt: Der TED ist von 460 auf 270 Basispunkte zurückgegangen. Bei aller Gefahr für die Stabilität, scheinen doch die Rettungspakete so gewirkt zu haben, dass Vertrauen in die Märkte zurückkehrt – auch wenn die Umsetzung der Pakete, z. B. in Deutschland, noch sehr holprig vor sich geht.

Nächste Aufgabe der Politik muss es also sein, das Vertrauen der Verbraucher und der Realwirtschaft insgesamt wieder zu stabilisieren – bei aller Vorsicht vor der Wirksamkeit von fiskalischer Stabilisierungspolitik, wird man nicht darum herumkommen, die Staatsausgaben direkt zu erhöhen – möglichst mit einmaligen Maßnahmen, die dennoch langfristige Erträge bringen. Beispiele wären hier Förderung von Forschung- und Entwicklung, Sanierung von Universitäten und Schulen und der Infrastruktur. Wichtig ist hierbei, dass die Stimulierung direkt umgesetzt wird, und nicht durch Senkung der Steuersätze: Dies kommt nur den mitteleren und hohen Einkommen zugute, und führt nur zu einer Erhöhung der Sparquote, also nicht zu einer direkten Ankurbelung der Wirtschaftsaktivität.