Für useR – das R-Inferno, frei nach Dante

Robert Burns hat ein eBook geschrieben, dass sich an Einsteiger in die Software R wendet, wobei er dem Aufbau von Dantes Inferno folgt. Das ganze ist unterhaltsam lehrreich.

Helikopter-Design für Zentralbanken

Eric Lonergan schreibt im Forum der Volkswirte auf FT.com darüber, welche Mittel notwendig sind, um das Gedankenexperiment des aus dem Hubschrauber geschmissenen Geldes tatsächlich durchzuführen. Im Grunde fordert er, dass Konsumschecks nicht von der Regierung verteilt werden sollen, sondern von der Zentralbank. Die Ursache hierfür ist, dass ein fester institutioneller Rahmen, der diese Verteilung an die Regierung abgibt, dieser letzlich wieder Zugriff auf die Steuerung der Geldmenge geben würde, also die Unabhängigkeit der Zentralbank aufheben würde.

Interessante Bemerkung

Bad Boy schreibt in einem Kommentar zu Willem Buiters letztem Artikel (Hervorhebung von mir):

We should not forget that from the European point of view on the economy there is de facto a defined rigid fiscal policy, consequence of the Euro as administered by the ECB. The euro is essentially an external currency for national economies as it cannot be manipulated by any of them. Pressures have to be handled through the implementation of structural reforms and not through short-term manipulation with the instruments of cyclical macroeconomic policy.

Ich denke, dass ist ein Punkt, der in der Diskussion generell zu wenig beachtet wird: Nämlich, dass die Regierungen im Euro-Raum ihre Verschuldungspolitik so ähnlich betreiben müssen, wie ein Land, das z. B. aus Gründen mangelnder geldpolitischer Stabilität sich nicht in der eigenen Währung verschulden kann, wie Argentinien.

Die offensichtlichste Folge ist, dass für diese Regierungen die Option, Staatsverschuldung wegzuinflationieren, nicht autonom gegeben ist, d. h. sie müssten dann entweder den Euroraum verlassen (und dabei einen Tausch der Euro-denominierten Staatsanleihen in die neue nationale Währung vorschreiben) – mit allen negativen Folgen, oder sie müssen die staatliche Insolvenz akzeptieren.

Krugmans Argument für ein koordiniertes Konjunkturpaket

Paul Krugman hat sich eine Serviette und einen Stift genommen, und die Differenz in der Wirksamkeit nationaler Konjunkturpakete in Europa und eines koordinierten Konjunkturpakets berechnet. Der Kern seines Arguments ist, dass bei nationalen Paketen der nationale Import-Anteil am BIP für die Berechnung des Keynes-Multiplikators herangezogen werden muss – im Schnitt 40% – während bei einem koordinierten Rettungspaket der Importanteil der EU insgesamt (also im Außenhandel mit Ländern außerhalb der EU) berücksichtigt werden muss, und der liegt bei 13%. Bei nationalen Paketen liegt der Multiplikator bei 0,73, bei koordinierten Maßnahmen jedoch bei 1,18. D. h. eine Erhöhung der Staatsausgaben um einen Euro steigert das BIP entweder um 0,73 EUR oder um 1,18 EUR.

Außerdem berechnet Krugman einen „Bang-per-Euro“-Faktor (d. h. um wieviel steigt das BIP je zusätzlichem Euro Staatsverschuldung) – wahrscheinlich für Steinbrück der wichtigere Faktor. Und dieser steigt bei einer koordinierten Politik von 1,03 auf 2,23. Mit anderen Worten: Für einen gleichen Effekt muss die Staatsverschuldung nur halb so stark ausgeweitet werden.

Das Rätsel der beschleunigten Wertvernichtung

Brad de Long stellt eine wichtige Frage: Warum ist diese Krise so schlimm? Wieso führen 2 Bil. Abschreibungen auf hochriskante Hypotheken zu einem Vermögensverlust von 20 Bil. weltweit? Wo ist der Unterschied zu normalen Finanzmarktkrisen? Im Folgenden versuche ich kurz seine wesentlichen Punkte darzustellen.

Vor zwei Jahren betrug das weltweite Kapitalvermögen – der Marktwert von Unternehmensanteilen und -anleihen, gut 80 Bil. US-$. Der Wert dieses Vermögens schwankt, und zwar aus diesen fünf Gründen:

  1. Investitionen: Investitionen in das Realkapital führen dazu, dass der Kapitalstock wächst, und damit dessen Wert zunimmt.
  2. Nachrichten: Gute und schlechte Nachrichte führen zu Änderungen der Erwartungen über zukünftige Cash Flows aus dem Vermögen, und damit über deren diskontierten Wert.
  3. Liquiditätsdiskontierung: Zukünftige Zahlungen werden gegenüber sofortigen Zahlungen diskontiert, und Schwankung in diesem Wert führen zu Schwankungen des Vermögenswertes.
  4. Ausfallwahrscheinlichkeit: Schwankungen in der Ausfallwahrscheinlichkeit, die ebenfalls zu einer Diskontierung des Wertes zukünftiger Zahlungsströme führt, führen ebenfalls zu Schwankungen im Vermögenswert.
  5. Risikoaversion: Schwankungen in der Bereitschaft, Risiko zu übernehmen führen zu Schwankungen in der Bewertung zukünftiger Zahlungsströme.

Zählt man die Verluste der Kapitalmärkte zusammen, ist in den letzten zwei Jahren das Kapitalvermögen um 20 Billionen auf 60 Billionen zurückgegangen. Als Ursachen können die ersten zwei Punkte ausgeschlossen werden, da es weder einen Einbruch in der Produktivität gab, noch außergewöhnliche Nachrichten hinsichtlich der Beschränkung der Rohstoffe oder der politischen Landschaft.

Hinsichtlich des dritten Punktes – Diskontierung der zukünftigen Cash Flows – führten die Ausfälle am Immobilienmarkt zu einer Erhöhung dieses Diskonts um 2 Billionen und die Rezession lässt weitere Ausfälle in Höhe von 4 Billionen erwarten, so dass hier ein Rückgang des Vermögenswertes um 6 Billionen angemessen erscheint. Gleichzeitig haben aber die Zentralbankinterventionen im Endeffekt zu einem Austausch dieser ausfallgefährdeter Vermögen gegen sichere Staatsanleihen und Zentralbankgeld in Höhe von 3 Billionen geführt, so dass der Effekt von Punkt 4 zu einer Reduzierung der Abschläge auf gut 3 Billionen geführt hat. Dies führt zum zentralen Punkt: Die restlichen 17 Billionen an Vermögensverlust sind demnach ausschließlich auf die gestiegene Risikoaversion zurückzuführen.

Zur Verdeutlichung: Ein Impuls in Höhe von Verlusten von 2 Billionen hat zu einer zehnmal so großen Reaktion im Wert der Vermögen geführt, wobei hier die wesentliche Ursache die gestiegene Risikoaversion ist, mit einem Effekt in Höhe von 17 Billionen. Für de Long ist dies vor allem ein wissenschaftliches Problem, da die Volkswirtschaft bisher davon ausgegangen ist, die Punkte 3 und 5 einigermaßen gut erklären zu können. In Bezug auf die Liquiditätspräferenz – also den treibenden Faktor von 3, lässt sich grob eine normale Realverzinsung berechnen: Wenn man davon ausgeht, dass die Präferenzen sich nicht wesentlich geändert haben, hängt dieser Wert einerseits von der Rate des technischen Fortschritts ab, die langfristig relativ stabil bei 2% p. a. liegt, und andererseits von der intertemporalen Substitutionselastizität des Konsums (um wieviel % muss der zukünftige Konsum steigen, damit ein Agent auf 1% Konsum heute verzichtet) – dieser liegt üblicherweise zwischen 1 und 2. Insofern sollte ein normaler Realzins bei 2-4% liegen, und die Zentralbank sollte nicht in der Lage sein, diesen dauerhaft bei -2% zu halten.

Brad de Long wundert sich auch über die Risikoprämie – nach den orthodoxen Finanzmarktmodellen sollte diese für diversifizierte Portfolios nicht mehr als 1% betragen – in normalen Zeiten liegt der Wert allerdings bei 5% und zur Zeit bei 10%. An dieser Stelle klinke ich mich aus seiner Diskussion aus, denn der von ihm genannte orthodoxe Wert ist die Folge der irrtümlichen Annahmen der orthodoxen Finanzmarktmodelle hinsichtlich des Risikos an Finanzmärkten – und es stellt sich die Frage, ob die jetzt am Markt gemessene Risikoaversion nicht einfach die Folge dessen ist, dass die Marktteilnehmer die Risiken an diesen Märkten jetzt realistisch bewerten.