Prinzipien der Finanzregulierung – Literatur

Brunnermeier et. al. haben einen Bericht über die Prinzipien der Finanzregulierung herausgegeben

Truth and Beauty – Neue Ausgabe

Truth and Beauty ist der Newsletter des moskauer Analysten Eric Kraus, und ich kann nur empfehlen, diesen Newsletter zu abonieren (kostenfrei), denn man erhält eine wunderbar zynische Beschreibung dessen, was gerade in der Finanzwelt schief läuft (dafür muss man ein bisschen pro-russische Politagitation in Kauf nehmen). Alte Ausgaben des Newsletter gibt es hier, und über krausmoscow AT yahoo.com kann man sich auf den Verteiler setzen lassen.

Nur ein Beispiel – eher für den Stil als für die Aussagen:

Dec 19 – Perhaps unwittingly, Bloomberg provided a valuable assessment of the fundamental utility of oil analysts:
…the (Bloomberg) oil survey has correctly predicted the direction of futures 49 percent of the time since its start in April 2004.

Needless to say, a coin flipped one hundred times would have been expected to do very slightly better

Und noch eines, weil es so schön ist:

One of the essential points about the current crisis – still missed by most commentators – was its simple inevitability. The US could not sustainably remain the sole source of global demand growth, producing less and less, while paying for valuable Asian goods and global mineral resources with fiat currency; this was the economic equivalent to designating 10 sq. km of the Pacific as Demand-land, and simply dumping consumer goods into the ocean. The question was not if this model would collapse, but when.

PS: Hier die aktuelle Ausgabe: Too early to tell

Too big to fail

Felix Salmon nimmt den Gedanken auf, wie man mit Banken umgehen muss, die zu groß sind, als dass der Staat sie untergehen lassen dürfte, weil dadurch inakzeptable volkswirtschaftliche Folgeschäden entstehen würden. Das Problem dabei ist, dass solche Banken einerseits den Staat mit ihrer Bedeutung erpressen können, sie unter allen Umständen zu retten, und zum anderen, dass diese Banken im Wissen um ihre Bedeutung unnötige Risiken auf sich nehmen können, da Gewinne und Verluste nicht mehr symmetrisch sind, weil die Verluste im Zweifelsfall vom Staat übernommen werden. Mag zwar sein, dass dabei dann die Aktionäre leer ausgehen, aber die Manager haben in letzter Zeit deutlich gemacht, dass Shareholder Value eindeutig die zweite Stelle hinter der Entlohnung der Manager einnimmt.

Im Grunde gibt es dagegen nur zwei Strategien, die der Staat verfolgen kann: Entweder er zerschlägt die Banken, die zu groß geworden sind, oder er reguliert sie so stark, dass die Banken keine überhöhten Risiken eingehen können. Salmon argumentiert, dass die Erfahrung zeigt, dass funktionierende Bankensysteme immer auch sehr große Banken hervorbringen (meiner Meinung nach eine Folge der zunehmenden Skalenerträge, die theoretisch zu natürlichen Monopolen führen, wenn der Staat nicht eingreift), so dass eine Zerschlagung nicht möglich ist. Insofern bleibt als Ausweg nur eine stärkere staatliche Kontrolle der Banken.

Wer schreibt, der bleibt

Wie der Spiegel berichtet, hat die Expertenkommission um Issing, die von Merkel eingesetzt wurde, erste konkrete Vorschläge zur Optimierung der Bankenaufsicht gemacht, so dass Merkel beim Finanzgipfel dieses Wochenende inhaltlich gut vorbereitet ist. Kernelemente sind:

  • Ausweitung der Aufsicht auf alle Finanzmarktakteure, also nicht nur Banken, sondern auch die Asset Management Abteilungen von Versicherungen, Hedgefonds, Zweckgesellschaften usw.
  • Ausweitung der Aufsicht auf alle Finanzmarktprodukte
  • Internationale Aufsicht, die auch die Steueroasen berücksichtigt
  • Weitergehende Regulierung und Überprüfung der Qualität der Ratingagenturen
  • Einführung eines internationalen Kreditregisters, Erstellung einer Risiko-Weltkarte, um die Entstehung von Klumpenrisiken zu visualisieren
  • Umgestaltung der Anreizsysteme in Banken hin zu langfristiger Orientierung, Berücksichtung von Malus-Systemen
  • Eingriffe in die Praxis der Forderungsverbriefung, u. a. soll die Equity-Tranche zwingend beim Originator verbleiben
  • Erhöhung der Eigenkapitalquote auf 5% ohne Möglichkeit der regulatorischen Arbitrage; Kredite an Hedgefonds sollen noch höher hinterlegt werden
  • Kristallisationskern für internationale Bankenaufsicht soll die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) werden, da ihre Kompetenz größer ist als die des IWF, der sich bisher vor allem auf makroökonomische Themen konzentriert hat.
  • Europaweit einheitliche Finanzmarktaufsicht

Schnell rein – schnell wieder raus, und ein paar Vorschläge zur Regulierung

Nachdem Willem Buiter in seinem Blog auf ft.com sehr früh und sehr eindringlich für eine Rekapitalisierung und Verstaatlichung der Banken geworben hat, damit die Märkte wieder Vertrauen fassen, argumentiert er jetzt dafür, dass der Staat sich auch so schnell wie möglich wieder aus dem Geschäftsbankensystem zurückzieht.

Seine wesentlichen Argumente ergeben sich aus den Folgen politischen Einflusses auf die Geschäftspolitik:

  • Politisch gewünschte Kreditvergabe zur makroökonomischen Stabilisierung, deren Nachteil darin besteht, dass hier die Banken gezwungen werden Risiken auf sich zu nehmen, die sie gerade in der Rezession nicht auf sich nehmen sollten.
  • Mittelvergabe nach politischen Kriterien, d. h. die Banken werden eine günstige Geldquelle für politische Projekte, die ansonsten vom Staat finanziert werden müssten.
  • Postenschacher, Banken werden zum Abstellplatz für Politpensionäre.
  • Wettbewerbsverzerrung, da die Staatsbanken – wie bisher die Landsbanken unter Gewährsträgerhaftung – günstiger refinanzieren können. Diese Banken haben ebenso einen Wettbewerbsvorteil, wenn es um die Einlagensicherheit geht.

Im gleichen Beitrag macht er eine Reihe von Vorschlägen, welche Änderungen an den Finanzmarktregularien vorgenommen werden sollen:

  • Global agierenden Banken müssen globale Überwachungsinstitutionen gegenübergestellt werden.
  • Die Regulierung muss alle Unternehmen betreffen, die mit großem Eigenkapitalhebel am Finanzmarkt tätig sind, unabhängig davon, ob sie sich Bank, Versicherung, Hedgefonds, Special Purpose Vehicle oder Fahrradladen nennt.
  • Die Überwachung muss anhand extern nachvollziehbarer Kennzahlen erfolgen, d. h., das System von Basel II, das auf internen Risikomodellen beruht – und zur regulatorischen Arbitrage eingeladen hat, muss wieder abgeschafft werden.
  • Die Überwachung darf nicht von Informationen abhängig sein, die von möglicherweise nicht objektiven, privaten Ratingagenturen bereitgestellt werden.
  • Die Regulierung muss die verwendeten Hebel und das Mismatching (Laufzeit, Liquidität, Währung) begrenzen. Möglicherweise ist hier der Hebel der einzig wichtige Parameter, wenn das mögliche Mismatching vom Hebel abhängt.
  • Die Regulierung muss sich sowohl auf die Liquidität der Kreditmärkte und Kapitalmärkte als auch auf die Eigenkapitalausstattung der Banken konzentrieren.