Lesestunde 05.10.2010

Menzie Chinn hat einen Übersichtsartikel über die Probleme der Aussenhandels-Ungleichgewichte geschrieben. Kernaussage: In den Industrieländern besteht allgemein eher die Gefahr einer Deflation und Rückfall in die Rezession. Solange in diesen Ländern, die – wie die USA – wieder ansteigende Außenhandelsdefizite haben, keine Fiskalpolitik und Geldpolitik durchgeführt wird, die diesen Risiken entgegenwirkt, müssen Länder mit fiskalpolitischem Spielraum wie Deutschland und China die Rolle übernehmen.

Der Standpunkt, dass die USA einen zusätzlichen Impuls durch Staatsausgaben benötigt, wird auch von George Soros unterstützt. Hier sieht er die USA auch in einer gänzlich anderen Situation als die Länder Europas mit Refinanzierungsschwierigkeiten, weil die USA nur eine sehr geringe Risikoprämie für Staatsschulden zahlen muss.

In Hinblick auf die Ungleichgewichte im Außenhandel untersuchen Aizenman und Segupta die Frage, ob China das neue Deutschland wird, und ob diese beiden Länder aufgrund ihrer exportgestützten Wachstumsstrategie Ursache für die Ungleichgewichte sind. Hierbei sehen sie deutliche Unterschiede zwischen den Ländern: Deutschland ist in den Euroblock eingebunden, eine Konzentration auf die deutschen Überschusse ist also verfehlt – solange die Eurozone als ganzes eine einigermaßen ausgeglichene Handelsbilanz hat (was der Fall ist), besteht kein globales Problem. Worauf die Autoren nicht eingehen, sind die Probleme, die sich innerhalb der Eurozone aus den Ungleichgewichten ergeben. Anders der Fall China: Bei gleichbleibend hohen Wachstumsraten kann das aktuelle Verhältnis des Überschusses zum BIP nur dann gleichbleiben, wenn die Länder mit Defiziten, die ein langsameres Wachstum haben, ihren Importanteil weiter ausweiten. Da dies nicht zu erwarten ist, muss langfristig also der relative Überschuss Chinas abnehmen, solange das Land deutlich schneller wächst als seine Handelspartner.

Charles Ferguson kommt demnächst mit seiner Dokumentation über die Finanzkrise und die zugrundeliegende Verflechtung zwischen Politik, Wissenschaft und Finanzsystem heraus. Felix Salmon hat schon mal eine Rezension geschrieben.

In Zusammenhang mit dem Flash-Crash vom Frühjahr sind Handels-Computersysteme – sogenannte Trade-Bots – auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. The Reformed Broker hat eine Übersicht der neuesten Bots herausgegeben.

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